Geschichtlicher Hintergrund

1194 erstmals urkundlich erwähnt, gehörte Dechow seit 1510 zum Herzogtum Lauenburg in Schleswig-Holstein. Dies änderte sich mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Durch das Potsdamer Abkommen im Sommer 1945 wurde Deutschland politisch und geografisch neu geordnet. Schleswig-Holstein, und damit auch Dechow, blieben zunächst in der britischen Besatzungszone. Der Grenzverlauf in der Region um den Ratzeburger See und um den Schaalsee war allerdings so unübersichtlich, dass der englische Generalmajor Barber und der sowjetische General Ljaschtschenko im November 1945 einen Gebietsaustausch vornahmen. Mit dem sogenannten „Barber-Ljaschtschenko-Abkommen“ wurde der Grenzverlauf in der Schaalseeregion neu geregelt. Dechow kam nun zu Mecklenburg in die sowjetische Besatzungszone. Bevor am 28. November 1945 der Schlagbaum fiel und für Jahrzehnte die alte Verbindung nach Schleswig-Holstein unterbrach, verließen bis auf zwei Familien alle Einwohner Dechows ihre Heimat und gingen in den Westen. Dies war für das Dorf eine Zäsur, die krasser nicht sein konnte. In die leerstehenden Gehöfte wurden noch im gleichen Winter Flüchtlinge, vorwiegend aus dem Sudetenland, einquartiert.

1952 wurde eine fünf Kilometer tiefe Sperrzone eingerichtet und die Staatsgrenze der DDR zur Bundesrepublik Deutschland in den Folgejahren mit Metallgitterzaun, Stacheldraht, Minenfeldern und Selbstschussanlagen ausgebaut und nahezu unüberwindbar gemacht. Das Leben im Sperrgebiet war für die Bewohner Dechows mit außerordentlichen Einschränkungen verbunden. Nur wenige hundert Meter von der innerdeutschen Grenze entfernt, konnten sie nur mit einem Passierschein Dechow verlassen und wieder heimkehren. Selbst Besuche von Verwandten mussten vom Polizeikreisamt genehmigt werden, oftmals wurden diese auch abgelehnt. Weiterführende Informationen erhalten Sie im Informationszentrum zur innerdeutschen Grenze im Grenzhus Schlagsdorf.

Foto: Gert Schulz

Foto: Gert Schulz

1945 gab es in Dechow noch zehn Bauernhöfe, 27 Wohngebäude und eine Schule. Bereits in den 1950er Jahren waren vornehmlich wegen der Grenznähe, aber auch wegen schlechter Bausubstanz drei Bauernhöfe und zehn Wohngebäude abgerissen worden.
Beherrschend für das dörfliche Leben in Dechow war nach 1945 die Landwirtschaft. Durch die zwangsweise durchgeführte Bodenreform gab es in Dechow viele kleine Betriebe von weit weniger als 10 Hektar. Einige der Dechower Neubauern gründeten bereits im August 1952 die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) „Neues Leben“. Dieser Zusammenschluss der kleinbäuerlichen, privaten Betriebe zu genossenschaftlichen Großbetrieben fand häufig unter großem politischem und ökonomischem Druck statt. Zur Erhöhung der Produktivität und Effektivität kam 1960 die LPG „Am Lankower See“ und 1968 die Röggeliner LPG „Einigkeit“ hinzu. Damit war die Großraumwirtschaft für die Tier- und Pflanzenproduktion eingeführt.

Erst der Fall der Mauer am 9. November 1989 schuf neue Perspektiven. Die Bevölkerung Dechows öffnete sich Zuzüglern aus Ost und West. Mit viel Energie, gegenseitiger Akzeptanz und der Bereitschaft das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen, ist es der neuen Dorfgemeinschaft gelungen, Herausforderungen zu bewältigen und damit Zukunft zu gestalten.

Seit der Wende ist das Bewusstsein bei der Bevölkerung für den Erhalt des bäuerlichen Kulturerbes und die den Ortscharakter prägende Bausubstanz mit den naturnahen Hof- und Gartenflächen groß. Mit viel Liebe zum Detail wurden die noch vorhandenen alten Backstein- und reetgedeckten Fachwerkhäuser denkmalgerecht instandgesetzt. Wert wurde auf regionaltypische Materialien, wie Holz, Lehm und Schilf, gelegt. Zur Vervollständigung des Ortsbildes sind drei Fachwerkhäuser aus anderen Ortschaften nach Dechow umgesetzt worden. Mit großem ehrenamtlichem Engagement haben die Dechower und Dechowerinnen die alte baufällige Dorfkneipe seit 2001 zu einem multifunktionalen Dorfhaus mit Übernachtungsmöglichkeit umgewandelt. Mit seinem Jugendstilsaal und der Bühne ist das ortstypische Werderhaus heute Treffpunkt für Geselligkeit und Ort der Kultur für alle Generationen.

Für sein gemeinschaftliches und kulturelles Engagement wurde die Dorfgemeinschaft 2014 mit einer Goldmedaille im Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ ausgezeichnet.



Vorher – Nachher

 


 
Literatur

Dechow – Ein Historischer Abriss (2004),
Von den Anfängen bis ins 21. Jahrhundert

Dechow – Ein kleines Dorf im Aufwind (2011)

Broschüre „Dechow – ein Dorf stellt sich vor“, herausgegeben von der Gemeinde Dechow 2013

Die beiden Ortschroniken sind in den Buchhandlungen in Gadebusch und Ratzeburg sowie bei Udo Wachtel, Dorfstraße 5 in Dechow zu beziehen, die Broschüre bekommt man über den Bürgermeister in Dechow.